Im Blogbeitrag der letzten Woche gingen wir bereits auf die eher schlechten Englischkenntnisse des japanischen Volkes ein. Dennoch gelang es mir in meinem viermonatigen Aufenthalt in Tokio, Freunde zu finden und Geschäfts- und Künstler-Kontakte zu knüpfen. Wie das zusammenpasst, darum soll es heute gehen.
Inhaltsverzeichnis
Ausgangslage: Große Hilfsbereitschaft in Japan
Die meisten Japaner und Japanerinnen wirken zunächst einmal ruhig und schüchtern. Doch gibt man sich Mühe, nur das kleinste bisschen japanisch mit ihnen zu reden, so geben sie sich die größte Mühe auszuhelfen.
Eine deutsche Freundin berichtete mir, wie sie in einem Geschäft nach dem Weg fragte und statt man es ihr verbal erklärte, ging die Verkäuferin mit ihr nicht nur auf die Straße, um den Weg zu weisen, sondern auch noch 30 m weiter, um sie direkt vor der Tür abzuliefern. Das ist die Hilfsbereitschaft, die auch ich in Japan spüren durfte.
Je ländlicher man kommt, desto stärker dieser Effekt und auch die Neugier der Bevölkerung, was diesen augenscheinlich Otsunkundigen dorthin führt.
3 Ansätze für mehr japanische Kontakte
Soweit so gut, doch mit Hand- und Fußgestiken lassen sich schlecht Freundschaften aufbauen, richtig?
Es gab 3 Ansätze, über die ich begann, neue Kontakte zu etablieren.
Die Sprachschule
Die Teilnehmer an der Sprachschule waren größtenteils Menschen, die es darauf angelegt haben mindestens ein halbes Jahr in Tokio zu verweilen, sei es für ein Auslandsstudium, einen Job oder Interesse an der Kultur.
Die erste Zeit in Tokio verbrachte ich also mit anderen Ausländern und lernte darüber aber auch erste Japaner und Japanerinnen kennen, die der englischen Sprache mächtig waren, weil sie sich gerne mit ausländischen Japan-Interessierten umgaben.
Roppongi und Shibuya
Das sind Stadtteile, die besonders englisch-freundlich sind. Bars und Clubs sind mitunter darauf bedacht, Einheimische mit Ausländern zu verbinden. Hier findet man viele Studierende, aber auch Mitarbeiter in multinationalen Unternehmen, die nach Austausch suchen. Roppongi ist ein guter Ort, um Menschen für den weiteren Abendverlauf zu finden.
Facebook Gruppen
Nach wenigen Night Club Besuchen wurde mir klar, dass ich mit Musikkünstlern zusammenarbeiten und gegebenenfalls Musikvideos drehen wollte. Also schaute ich nach DJ- und Musikergruppen auf Facebook und teilte mein Anliegen mit. Nur wenige Minuten später wurde ich von einem Fotografen zu einem Event eingeladen.
Vor Ort wurde ich wärmstens empfangen. Die Veranstalter sind eine Gruppe wild zusammengewürfelter Ausländer mit einer gemeinsamen Leidenschaft: Musik.
„More than Music“, wie sie sich nennen, veranstalten wöchentlich zwei Events, bei denen sie Bands und Musiker verschiedener Genres einladen und kleine Veranstaltungsorte mit 50-150 Leuten füllen. Meist bestand das Publikum aus 50% Einheimischen und 50% Zugezogenen.
Dieses kleine Publikum war der perfekte Ort, um mit Musikliebhabern in Kontakt zu treten.
Tokio bietet für jede Szene ein Zuhause, auch für Englischsprachige
Ich bewegte mich also in einer Bubble aus Zugezogenen und ihren japanischen Freunden, die selbst häufig Auslandserfahrung hatten. Durch die Gemeinsamkeiten, die wir teilten, nämlich Musik, Kunst und ein so starkes Interesse an japanischer Kultur, dass wir in Erwägung gezogen hatten dorthin zu ziehen, erschufen diese Events in mir schnell ein Zugehörigkeitsgefühl.
Auch hier machte sich die japanische Offenheit sehr bemerkbar: An einem Abend lernte ich drei gebürtige Japaner/innen kennen. Wir tauschten uns über Snowboarden aus und ich wurde direkt mit auf ihren Trip eingeladen.
Natürlich wird sich diese Geschichte nicht auf alle Orte in Japan übertragen lassen. Die Metropolregion Tokio mit 35 Millionen Einwohnern bietet einfach einen so riesigen Pool an Menschen, dass man darunter einfach auf Zuwanderer und Gleichgesinnte stoßen muss. Es ist absolut möglich in dieser Weltstadt zu leben und ein soziales Umfeld aufzubauen ohne grundlegende Japanischkenntnisse zu haben.
Langfristig in Japanische Sprache investieren
Dennoch erhöht sich die Lebensqualität, laut Aussagen meiner Freunde, enorm, wenn man auf japanisch kommunizieren kann. Zusammen mit den Einheimischen wird man einfach viel tiefer in das kulturelle Japan-Erlebnis eintauchen können.
Und auch wenn ich viel über Offenheit gesprochen habe: es gibt nicht wenige Bars, Clubs und Veranstaltungen, die nur für Bürger mit einem japanischen Pass geöffnet sind oder einem nur Einlass gewährt wird, wenn man sich zumindest ausgiebig mit dem Türsteher unterhalten hat.
Letztendlich lohnt sich eine Investition in die japanische Sprache schon allein, um sich zu navigieren, Missverständnisse zu vermeiden und kulturellen Respekt zu zeigen.
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